Denkmaldatenbank

Alter Garnisonfriedhof

Obj.-Dok.-Nr. 09010191
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Kleine Rosenthaler Straße 3

Linienstraße 207, 208, 209, 210, 211, 212
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Friedhof & Einfriedung & Grabstätte & Portal
Datierung um 1706
Umbau 1978

Der auf dem Gelände des Mittelmarktes beziehungsweise der Stadtfreiheit um 1705 gegründete Alte Garnisonfriedhof, Kleine Rosenthaler Straße 3 ist der älteste noch erhaltene Militärfriedhof Berlins. (1) Sein zu einer Grünanlage umgestaltetes Areal von annähernd trapezförmigem Grundriss begrenzen im Westen die Kleine Rosenthaler Straße und im Norden die Linienstraße, während es im Osten und Süden unregelmäßig von Grundstücken und Häusern der Gormann- und der Mulackstraße eingefasst wird. Der Friedhof ist der Rest einer ursprünglich zweigeteilten Anlage, die sich in östlicher Richtung bis zur Rückerstraße erstreckte. (2) Die 1699 als Laufgasse angelegte Gormannstraße kennzeichnet etwa die Trennlinie zwischen dem noch existenten Offiziersfriedhof im Westen und dem 1867 geschlossenen Gemeinen- oder Soldatenfriedhof im Osten. (3) Dieser für die Beisetzung der Soldaten und ihrer Angehörigen dienende Friedhofsteil wurde nach der Auflassung ab 1877 als Spazierpark freigegeben beziehungsweise für die Verpachtung von Laubenparzellen genutzt. Um die Jahrhundertwende wurde das Gelände schließlich sukzessive als Bauland verkauft und in den Folgejahren bebaut.

Auf dem Alten Garnisonfriedhof fanden im 18. Jahrhundert nur Bestattungen von Angehörigen ärmerer Gemeindemitglieder der evangelischen Berliner Garnisongemeinde und deren Angehörigen statt. Die bedeutenden Gemeindemitglieder wurden damals noch in den Grüften der Garnisonkirche beigesetzt. Nach dem Erlass des preußischen Landrechts nach 1794 entwickelte sich der Friedhof zu einer personen- und kunsthistorisch bedeutenden Begräbnisstätte begüterter Militärs und deren Familien. (4) In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden auf beiden Friedhofsteilen Sanierungsmaßnahmen statt, um Bestrebungen zur Auflassung der Friedhöfe entgegenzuwirken. Auch Belegungsordnungen wurden erlassen. (5) Seit 1876 bis zur Umgestaltung des Friedhofes 1978 existierte eine numerische Neuordnung der Felder mit einem dazugehörigen Wegenetz, das im nördlichen Teil unregelmäßig ausgebildet war und außer an der Südseite parallele Randwege zur Friedhofsmauer aufwies. Hiervon hat sich die südliche Wegeführung vom Verwaltungsgebäude bis zum Standort der während des Zweiten Weltkrieges zerstörten und Ende der 1960er Jahre abgetragenen Kapelle in der Südostecke der Anlage erhalten, wo sich heute das Lapidarium befindet. Südwestlich davon im vermutlich ältesten Friedhofsteil wurden 1945 vier Massengräber für mehr als 500 Kriegsopfer angelegt. Zahlreiche Gitteranlagen gehörten zu den Kriegsverlusten. Nach der offiziellen Schließung des Friedhofs 1951 erfolgte 1978 der massivste Eingriff in die Friedhofsstruktur seit der Gründung der Anlage. (6) Während der Umgestaltung in eine weniger pflegeintensive Grünanlage mit Rasenflächen und lockerem Gehölzbestand wurden das inzwischen wieder hergestellte Wegenetz und die Feldeinteilung aufgehoben. Besonders schwerwiegend war die Abräumung von mehr als 300 Gräbern einschließlich der Efeuhügel. Dennoch blieben die historisch bedeutendsten und kunstgeschichtlich wertvollsten Grabmale erhalten.

Auf dem Garnisonfriedhof sind Werke der Sepulkralkunst vom Frühklassizismus über die Romantik und des Neobarock bis hin zur Reformkunst überliefert. (7)

Besonders repräsentativ und in dieser Dichte und künstlerischen Meisterschaft in Berlin einmalig, sind die Zeugnisse aus der Schule des Berliner Eisenkunstgusses, insbesondere auf der Grundlage von Schinkel-Entwürfen. Neben dem von Schinkel entworfenen einfachen gusseisernen Grabkreuz, das für mehrere Jahrzehnte als prägendes Vorbild für preußische Militärbegräbnisstätten schlechthin diente, sind insbesondere die ebenfalls von Schinkel entworfene und 1829 aufgestellte schlichte rote Granitstele für den Generalleutnant Carl Friedrich von Holtzendorff (1769-1828) ebenso wie das vom Bildhauer Ludwig Wichmann entworfene und 1827 in der Königlichen Eisengießerei gegossene imposante Eisengussgrabmal des Generalleutnants von Brauchitsch (1757-1827) und die von August Soller entworfene Zinkgussstele für den Generalleutnant Ernst Ludwig von Tippelskirch (1774-1840) herausragende klassizistische Sepulkralkunstwerke. (8) Von der 1978 erfolgten Abräumung vieler Grabstätten blieben, dem damaligen Traditionsverständnis der DDR gemäß, überwiegend die Gräber aus der Zeit der Befreiungskriege verschont. Mit den Grabstätten solch bedeutender Militärs wie des Militärreformers Carl Andreas von Boguslawski (1758-1817) und des legendären Freikorpsführers Adolph Freiherr von Lützow (1782-1834) ist der Friedhof auch ein herausragendes Zeugnis preußischer Militärgeschichte. (9)

Das Grundstück des ehemaligen "Offizierskirchhofs" war im Gegensatz zum schlichter ausgestatteten Gemeinenfriedhof seit seiner Gründung mit einer Friedhofsmauer eingefriedet. Die heutige Ziegelmauer endet in der Gormannstraße. Das nach 1836 errichtete eiserne Eingangstor zur Linienstraße ist ebenfalls erhalten geblieben.

Das heutige Erscheinungsbild des Friedhofs wird nur noch von wenigen älteren Bäumen des 19. Jahrhunderts wie Spitzahorn, Rosskastanie, Bergulmen, Linde und Stieleiche mitgeprägt. Sie stehen in Reihen entlang der Friedhofsmauer und des Ost-West gerichteten Hauptweges und bilden mit dem überwiegend jüngeren Baumbestand in freier Anordnung über die Grabfelder verteilt, die Kulissen für die oftmals nur noch von Rasenflächen umgebenen Grabmale.


1) Zur Gründung und Entwicklung des Alten Garnisonfriedhofes vgl. Berg 1995; Selmanagic, Azemina, Feuchtenberger, Ulf, Der Alte Berliner Garnisonfriedhof, Gartendenkmalpflegerisches Gutachten im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Fachabteilung Bau- und Gartendenkmalpflege, Berlin 1994.

2) "Situations-Plan von dem an der Rücker-, Linien- u. Gormann-Strasse belegenen Alten Garnisonkirchhof", 1892, vgl. Berg 1995, S. 61, Standort des Originals: Stiftung Alter Berliner Garnisonfriedhof e.V.; Grundriss der Königlich Preußischen Residentz Berlin, 1737, gezeichnet J.F. Walther, gestochen G.P. Busch, in: Hecker 1980. Die Laufgasse erhielt erst 1867 ihre heutige Bezeichnung Gormannstraße.

3) Schon ab 1708 wurde das Friedhofsareal durch Grundstücksverkäufe entlang der Mulack-Gasse (heutige Mulackstraße) und der Laufgasse (heutige Gormannstraße) reduziert. Vgl. Acta der Garnisonkirche zu Berlin, Evangelisches Zentralarchiv Berlin, Bestand 14/7842.

4) Das Allgemeine Landrecht für den Preußischen Staat bestimmte 1794, daß in den Kirchen und in den bewohnten Gegenden der Städte keine Leichen beerdigt werden sollten.

5) Danach war der Alte Garnisonfriedhof 1827 in ein großes Mittelfeld, ein Nordfeld und ein Südfeld unterteilt, und gesonderte Plätze waren nach auffälligen topographischen Gegebenheiten beziehungsweise nach dort befindlichen Grabstellen benannt.

6) Die Mausoleen an der Ostseite des Friedhofes waren schon 1961/62 abgerissen worden. 1988 erfolgten wiederum Veränderungen, unter anderem der Bepflanzung.

7) Vgl. Kuhn 1995.

8) siehe auch Gottschalk 1991.

9) Vgl. Berg 1995, S. 69ff.

Literatur:

  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 507-509
  • Gottschalk, Wolfgang: Garnisonfriedhof und Invalidenfriedhof, Berlin 1991

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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